March 9, 2024

Hidden Champions: Firmen, die Deutschland unbemerkt anführen

Hidden Champions: Firmen, die Deutschland unbemerkt anführen

Hidden Champions in Deutschland: Viel Aufmerksamkeit, unzählige Bewerbungen und einen Namen, den jeder kennt – all das haben Hidden Champions nicht. Und dennoch sind diese Firmen als Unternehmen und als Arbeitgeber ungemein erfolgreich.

Auf Deutsch „Heimliche Weltmarktführer“, viele wissen nicht, was sich hinter dem Begriff versteckt. Professor Hermann Simon hat den Begriff „Hidden Champion“ geprägt. Der Ökonom und Unternehmensberater hatte ihn selber 1990 eingeführt, um eine „Speerspitze der deutschen Wirtschaft“ zu kennzeichnen. Er stellte sich die Frage, was besonders deutsche Unternehmen so erfolgreich beim Export macht. Das brachte ihn auf die Spur der hierzulande viel vertretenen heimlichen Weltmarktführer.

Also, was genau ist ein Hidden Champion eigentlich?

Das sind mittelständische Unternehmen, die jeweils zu den drei wichtigsten Firmen in ihrem Marktsegment auf dem Weltmarkt gehören. Sie haben weniger als 5 Milliarden Euro Jahresumsatz und ihre Bekanntheit in der Öffentlichkeit ist gering. Der Grund dafür ist, dass sie sich meistens mit der Produktion von Industriegütern beschäftigen. Nicht nur das, Hidden Champions konzentrieren sich auf eine Marktnische, die sie weltweit bedienen. Innerhalb ihres (engen) Kompetenzbereichs zeichnet sie ein überragendes Know-how aus und sie sind mitunter in ihrem Bereich Weltmarktführer. Hidden Champions: Definition, Liste, Beispiele und Tipps (karrierebibel.de)

Professor Simon selber sagt über Hidden Champions in Deutschland:

„Hidden Champions erarbeiten einen Großteil der Exportkraft Deutschlands und damit indirekt auch des Wohlstands im Lande. Weltweit habe ich knapp 4.000 Hidden Champions identifiziert, rund 1.600 davon haben ihren Sitz in Deutschland. Kein anderes Land hat so viele Hidden Champions wie wir!“

Was sagen die Fakten?

Eine Studie des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung hat durch die Auswertung von Daten einige überraschende Erfolgsfaktoren ermittelt. Ausschlaggebend ist, dass Hidden Champions-Firmen in Deutschland zwar nicht mehr Mittel als ihre (größeren) Konkurrenten zur Verfügung haben, sie aber wesentlich effizienter einsetzen.

  1. Kundenorientierte, technische Innovationen: Hidden Champions setzen auf neue Technologien. Ihr enger Kontakt zur wissenschaftlichen Forschung hilft ihnen, eigene Lösungen zu entwickeln, die sie dann auf die Bedürfnisse von Kunden anpassen.
  2. Offene Innovationsstrategien bei voller Kontrolle der Produktentwicklung: Die Produktentwicklung wird beschleunigt dadurch, dass Kunden und Dritte in die Innovationsstrategie einbezogen werden, während sie die Kontrolle über den Entwicklungsprozess und das entstehende geistige Eigentum in der Hand behalten.
  3. Überdurchschnittliche Investitionen in die Beschäftigten: Im Gegensatz zu anderen Mittelständlern investieren Hidden Champions erheblich mehr Geld und Zeit in die Rekrutierung und Qualifizierung von Fach- und Führungskräften. Was entsteht, ist ein wesentlich leistungsfähigeres und motiviertes Team.

Kombiniert führt das zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, der äußerst schwer kopierbar ist. Daraus können andere mittelständische Unternehmen lernen. Wenn man diese Strategien nimmt und sie konsequent einführt, könnten viele Mittelständler profitabler und attraktiver werden. Die drei zentralen Erfolgsfaktoren der Hidden Champions (dynamischfuehren.de)

Wieso sind Hidden Champions so interessant für Arbeitnehmer?

Wegen ihrer Größe und Spezialisierung fördern Hidden Champions Innovation und Agilität. Sie stecken viel Zeit und Geld in die Entwicklung ihrer Produkte und Branche. Meistens haben sie interessante Arbeitsmodelle, die den Austausch von Ideen und den Wettkampf fördern. Dadurch sind die Jobs spannend und abwechslungsreich. Sie bieten außerdem hervorragende Einstiegs- und Aufstiegschancen. Wer dazu gern noch näher an der Natur arbeitet, ist hier perfekt aufgehoben: die meisten Hidden Champions-Firmen in Deutschland haben ihre Standorte auf dem Land oder kleineren Städten im Grünen, in ländlichen Gegenden in Baden-Württemberg, im Süden von Hessen sowie in Bayern und Nordrhein-Westfalen. Versteckte Champions sind also ein spannendes Arbeitsumfeld, das Herausforderungen und Chancen bietet – zusätzlich zur Option, bei einem Weltmarktführer zu arbeiten. Nur ihre Bekanntheit steht im Weg: Uni-Absolventen bewerben sich bei bekannten Namen. So herrscht bei den Hidden Champions regelmäßig Fachkräftemangel.

Hidden Champions bieten unbekannte Chancen für Bewerber, vor allem diejenigen, die in ihrem Beruf heute mehr als einen Broterwerb sehen. Unternehmen müssen sich dementsprechend als attraktive Arbeitgeber präsentieren, um talentierte Mitarbeiter anzulocken. Hidden Champions haben hierbei wegen ihrer mangelnden Bekanntheit Probleme. Ihr Potenzial und Erfolg ist für Jobsucher ebenfalls “hidden”.

Womit punkten Hidden Champions bei Bewerbern?

Weil der Standortvorteil und die Visibilität fehlt, braucht es andere Vorteile, um Bewerber anzuziehen. Zum Beispiel bieten Deutschlands Champions ganz andere Perspektiven als bekannte Konzerne. Darunter fallen auch flachere Hierarchien, frühe Verantwortung, geringe Bürokratie, kurze Abstimmungswege, schnelle Weiterentwicklung und Top-Gehälter. Sie gehören schließlich nicht umsonst zur Weltspitze ihrer Branche. Der Umgang mit den Mitarbeitern ist geprägt durch individualisierten und familiären Austausch, die Meinungen des Teams werden bei Entwicklungen berücksichtigt und es gibt regelmäßiges Feedback. Mitarbeiter tragen für sich und ihre Projekte Verantwortung. Viele Talente suchen genau das. https://karrierebibel.de/hidden-champions/; Geheim und doch nicht geheim: Arbeiten bei Hidden Champions | Staufenbiel Institut

Im IT-Bereich herrscht ebenfalls großes Interesse an Hidden Champions. Die Abteilung zur Vermittlung von Studenten bei Studitemps, sieht anhand ihrer Statistiken gerade im personell umkämpften IT-Bereich Entwicklungspotenzial für Hidden Champions. Die berufliche Attraktivität von Hidden Champions mit Blick auf den Fachbereich liegt in der Informatik bei 66,9 %, in den Wirtschaftswissenschaften bei 60,7 % und im Ingenieurwesen bei 59,2 %.

Hidden Champions als Arbeitgeber: vor allem interessant für Männer mit Master und Studenten mit Migrationshintergrund (jobvalley.com)

Auch für Werkstudenten sind Hidden Champions attraktive Arbeitgeber. Sie bieten Arbeit in einem internationalen Umfeld, wodurch man auf einem globalen Arbeitsmarkt für zukünftige Karrierechancen attraktiver wird. Man arbeitet mit an innovativen Projekten und kann sein Wissen und seine Fähigkeiten einbringen, was bei größeren Unternehmen meist schwerer ist. Außerdem ist man von exzellenten Mitarbeiter:innen umgeben und hat die einzigartige Perspektive, von ihnen zu lernen. Nicht zuletzt sind Hidden Champions in der Regel nicht so groß und haben daher eine bessere Work-Life-Balance. Warum Du bei einem Hidden Champion arbeiten solltest (studyheads.de)

Beispiele für unbekannte Weltmarktführer

Deutschland hat besonders viele geheime und weitgehend unbekannte Weltmarktführer. Die treibenden Kräfte in der Wirtschaft sind eben nicht ausschließlich Siemens, Daimler, Bayer, oder Porsche. Die folgenden Unternehmen sind nur einige Beispiele für Branchen- und Weltmarktführer hierzulande:

  • Otto Bock Holding: In den Bereichen Healthcare und Mobility erwirtschaftet die Otto Bock Holding Umsätze in Milliardenhöhe. Wichtige Produkte sind Rollstühle und Prothesen.
  • Klais Orgelbau: Ob Herstellungen neuer oder Restauration vorhandener Orgeln: Die Klais Orgelbau GmbH ist Spezialist und Marktführer für Kirchen- oder Konzertorgeln.
  • Vulkan Gruppe: In Herne, ein gutes Stück entfernt von größeren Gewässern, sitzt die Vulkan Gruppe – Marktführer für Schiffskupplungen.
  • Kaspar Schulz: Brauereien benötigen Equipment, Marktführer in diesem Bereich ist die Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik mit Sitz in Bamberg.
  • Lürssen Werft: Seit mittlerweile rund 150 Jahren werden in dem Bremer Familienunternehmen Lürssen Werft Schiffe und Jachten gebaut.  Früher fertigte es Arbeitsboote für die Fischerei. Mit einem Umsatz von mehr als 800 Millionen Euro zählt sie zu den Marktführern.
  • Herrenknecht: Der Konzern aus Schwanau produziert hauptsächlich Maschinen zum Tunnelbau.
  • Wilo: Der Maschinenbauer produziert Pumpsysteme für Klimatechnik und Wasserversorgung.
  • Grimme Gruppe: Die Grimme Gruppe ist bekannt für Landmaschinen im Bereich Kartoffel-, Rüben- und Gemüsetechnik.
  • Duravit: Das Hornberger Unternehmen kennen einige aus dem Bereich Badezimmermöbel wie Duschen, Toiletten oder Waschbecken.
  • Peri: Peri ist in der Bau- und Gerüstbauindustrie aktiv und bietet Schalungs- und Gerüsttechnik an.
  • Kaeser Kompressoren: Bei Kaeser arbeiten weltweit über 4400 Mitarbeiter und produzieren Druckluft-Systeme.
  • Karl Storz: Seit 1945 produziert das Unternehmen Endoskope und andere medizinische Geräte.
  • Sto: Das Düsseldorfer Unternehmen ist auf Wärmedämmung spezialisiert.

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